Carolas Geschichte

Carolas Geschichte

Meine Kindheit war geprägt von Geborgenheit und Liebe. Meine Eltern sind nach wie vor in einer glücklichen Beziehung und sie konnten sich in ihrem Leben verwirklichen. Der Glaube spielte in unserem Leben keine besondere Rolle. Als Schülerin war ich eher angepasst, aber in der Pubertät begann ich, mir existentielle Fragen über das Leben zu stellen. Ich wollte Antworten auf die großen Fragen menschlicher Existenz finden und stieß dabei auf die Lehren von C. G. Jung. Später lernte ich eine Psychoanalytikerin kennen, die für mich zu einer Seelenverwandten wurde.

Nach einem Auslandsschuljahr in den Vereinigten Staaten kehrte ich zurück an meine deutsche Schule. Ich war, wie bereits gesagt, eine eher angepasste Schülerin. Allerdings wurde ich in meiner Pubertät rebellischer. Liebe und vor allem Liebe in Verbindung mit Sexualität waren für mich zu dieser Zeit brennende Themen, mehr noch, als ich einen Künstler kennenlernte und mich in ihn verliebte. Aber es sollte nicht sein, obwohl der Mann meine Liebe erwiderte, konnte er sich nicht allein auf mich einlassen, da er aufgrund seiner Karriere meinte, für alle seine Fans erreichbar sein zu müssen. Diese erste, sehr prägende Erfahrung, ließ mich weiter nach Antworten zu meinen brennenden Fragen über Partnerschaft, Treue und Abgrenzung suchen.

Ich würde mich in dieser Zeit als sehr idealistisch und begeisterungsfähig beschreiben. Durch Zufall bekam ich einen Flyer mit dem Titel „Gehört Eifersucht zur Liebe?“ in meine Hände. Diese Frage erhielt sofort meine Aufmerksamkeit und es waren meine Eltern, die mir die Teilnahme zu der genannten Veranstaltung finanzierten. Voller Spannung fuhr ich zu diesem Seminar und war sofort von den charismatischen Vorträgen und der psychologischen Forumsarbeit (heißer Stuhl) berührt. Ich erlebte in auch in den folgenden Seminaren eine Art vollkommener persönlicher Öffnung, Geborgenheit. Ich erhielt viel mehr und tiefere Antworten auf meine Fragen als ich mir je erträumen hätte können.

Nach meinem ersten intensiveren Camp in der Gruppe, fühlte ich mich angenommen und mit meinen Fragen und Bedürfnissen angekommen. In dieser Zeit entfernte ich mich von meinen Eltern, der Schule und auch der „normalen“ Gesellschaft. Sobald Widerstände von Außenstehenden kamen, versuchte ich diese von den Ideen meines neuen Lebenskonzepts zu überzeugen. Bei jeder Gelegenheit verkündete ich meinen neuen heilsbringenden Weg. Zugleich konzentrierte ich mich auf meine neuen Kontakte in der Gruppe und kaufte Bücher vom gruppeneigenen Verlag und besuchte ihre Veranstaltungen. Positiv fand ich vor allem, dass diese Menschen in der Gemeinschaft nicht nur große Ideen für die Welt und die Gesellschaft hatten, sondern diese auch konkret in die Tat umsetzten. Mich reizte vor allem der experimentelle Ansatz, neue Ansätze auszuprobieren. Mein Leben richtete ich esoterisch, politisch und sexuell immer mehr nach den Vorstellungen der Gruppe aus. Ich verspürte den inneren Drang, auch andere Menschen von außen von diesen neuen Ideen zu überzeugen und für die Vision eines neuen offenen Miteinanders zu missionieren. Ich wollte die Welt retten! Die Folge war eine zunehmende soziale Isolation einerseits und eine zunehmende Idealisierung und Kämpfergeist für das „einzig Wahre“ andererseits. Diese Entwicklung führte bei mir zu Gefühlsschwankungen und innerer Zerrissenheit. In dieser Zeit beschloss ich als „Liebeslehrerin“ das Überleben zu erlernen, trampte quer durch Europa und lebte auf der Straße. Nach diesem Absturz und Abbruch meiner Lebensweise folgten Depressionen. Schrittweise konnte ich von meinem Weltbild und meinen Überzeugungen loslassen, dieser Prozess zog sich über vier Jahre. Immer wieder suchten mich Menschen aus der Gruppe wieder auf und ich erlitt Rückfälle, aber ich schaffte es, mir ein mein Leben mit eigenen Sinnvorstellungen und Idealen aufzubauen.